Analyse eines Romanausschnitts aus „das kunstseidene Mädchen“

Der Zeitroman „das kunstseidene Mädchen“ verfasst von Irmgard Keun und 1932 kurz vor der Machergreifung Hitlers in Berlin erschienen, handelt von einer jungen Frau, die dem kleinbürgerlichen Milieu entkommen will und beschließt „Ein Glanz“ zu werden.
Der vorliegende Ausschnitt aus „das kunstseidene Mädchen“ handelt von der jungen Frau die davon erzählt, wie sie mit dem Taxi durch die Stadt fährt und dabei träumt endlich glücklich zu sein.
Die junge Doris lässt sich oft von einem Taxi durch die Stadt Berlin fahren. Zumeist wird sie dabei von Männern mitgenommen, die ihr die Fahrt bezahlen. Während der Fahrt überkommt ihr meistens ein Traum, indem sie reich und berühmt ist und die Realität und alles um sich herum vergisst. Sie schaut dabei gerne aus dem Fenster und beobachtet das Geschehnis in der Großstadt.

Der Textauszug ist in der Ich- Form verfasst. Dabei handelt es sich um das erlebende Ich, da die Person selbst im Geschehen verstrickt ist. Der Autor verwendet die auktoriale Erzählweise, da er die Gefühle und Gedanken der Figur wiedergibt: „Mein Kopf war ein leeres, schwirrendes Loch“ (Zeile 1).
Weiterhin nimmt der Autor in Bezug auf den Erzählstandort eine gewisse Nähe zum Erzählten ein.
Denn er berichtet frei aus den Gedanken der Figur heraus und hat die uneingeschränkte Innensicht
„-ich verbiete meinen Ohren, den Knack zu hören[…]“ (Zeile 26), jedoch geht dabei die Übersichtlichkeit des Erzählten für den Leser nicht verloren und man behalt einen guten Überblick.
Die Darbietungsform ist der innere Monolog, da die Figur von Erlebtem erzählt und keine Aussagen anderer Personen wiedergibt. Gedanken und Empfindung werden durchgängig in der Ich- Form geschrieben.
Das Verhältnis von Erzählzeit und erzählter Zeit ist Zeitraffend, da die erzählten Dinge meist mehrere Tage in Anspruch nehmen. Dabei berichtet die Figur oftmals rückblendend: „Und tat das, weil ich sonst in Taxis fuhr nur immer mit Männern, die knutschten“ (Zeile 7-8).

Die junge Doris mach deutlich, dass sie mit ihrem momentanen Leben nicht zufrieden ist: „Mein Kopf war ein leeres, schwirrendes Loch“ (Zeile 1).Dies zeigt, dass sie sich innerlich sehr krank fühlt. Das Taxi symbolisiert dabei für sie ein sorgenloses und glückliches Leben: „[…]die Leute drin wussten, ich bin ein Glanz- ich sitze ganz hinten im Polster und gucke nicht, wie das hopst auf der Uhr“ (Zeile 23- 25). Aber dabei spielt sie den Leuten nur ein unbekümmertes Leben vor, welches nicht mehr als eine Illusion ist: „ –ich verbiete meinen Ohren, den Knack zu hören“ (Zeile 26). Denn in der Realität ist sie weder reich noch besitzt sie viel Geld. Ganz im Gegenteil. Die Taxifahrten bezahlen ihr meist die Männer, die ihr nicht immer alle gefallen, aber ihr die Dinge bezahlen die sie sich in der Realität niemals leisten kann: „Und tat das, weil ich sonst in Taxis fuhr nur immer mit Männern, die knutschten- und mit welchen, die ekelten mich, dann musste ich alle Kraft zur Ablenkung brauchen“ (Zeile 7- 10). Egal ob die Männer letztlich nach ihrem Geschmack waren oder nicht, sie waren und sind für sie immer bloß ein Nutzen zum Zweck.
Wenn sie im Taxi sitzt, verschwindet sie in eine andere Welt. Dabei bezeichnet sie es als „fahrendes Weinlokalsofa“(Zeile 11-12) oder „Bettladen“ (Zeile 29- 30).
Ihr großer Wunsch ist es das Empfinden, welches Doris im Taxi hat für immer zu behalten: „Ich wollte mal richtig Taxi“ (Zeile 12). Das Leben soll genauso schön sein auch nachdem ist aus dem Taxi ausgestiegen ist. Die Leute sollen sie bestaunen und als wohlhabende Person bewundern.
Aus dem Textabschnitt geht auch hervor, dass Doris sich für Schauspiel und das Rampenlicht begeistert, indem sie gerne einmal selbst stehen würde: „Da war ich ein Film und eine Wochenschau.“ (Zeile 5- 6) Sie spricht von „viele[n] Millionen Lichter[n]- Schaufenster[n]- Kleider[n][…]“ (Zeile 27- 28). Ein großes Vorbild für sie stellte „Lilian Harvey“ dar. Sie war eine britisch- deutsch Schauspielerin, Sängerin und Tänzerin. Mit der Aussage „und Kinos- der Kongress tanzt- Lilian Harvey, die ist blond“ (Zeile 20- 21) will sie deutlich machen, dass sie fasziniert darüber ist, wie Harvey das Publikum an sich reißt. Vor allem mit der Aussage „Lilian Harvey, die ist blond“ verdeutlicht, dass an beiden vergleichender Maßen ein „Glanz“ haftet und ihnen die ärmlichen Dinge im Leben fremd sind. Jedoch ist bei beiden der Glanz nur ein schöner Schein. Während dieser bei Harvey mit dem Schauspiel zu tun hat, so ist es bei Doris die Illusion. Der Traum „Ich möchte gerne furchtbar glücklich sein“ (Zeile 34) ist groß aber die Realität deckt ein ganz anderes Bild auf.

Die Selbstsicherheit der Hauptperson kommt so deutlich zum Ausdruck, dass diese fast schon Unsicherheit Ausdrückt. Denn sie steht in ständiger Abhängigkeit von den Männern, die ihr alles bezahlen. Ist sie einmal alleine unterwegs erkennt man sofort eine gewisse Unsicherheit. Sie bildet sich Dinge ein, wie zum Beispiel, dass sie die Leute auf der Straße bewundern, weil sie in einem Taxi sitzt. Insgesamt macht sie in dem Dramenausschnitt einen sehr kindlichen und realitätsfernen Eindruck auf den Leser. Alleine schon die Aussage „Ich möchte furchtbar glücklich sein“ zeugt eher von Unentschlossenheit. In dieser Zeit war sie eine von vielen die diesen Wunsch hatten.

Diese Merkmale zeigen sich auch deutlich an der sprachlichen Ausdrucksweise. Der Ausschnitt besteht durchgängig aus hypotaktischen Sätzen. Sie sind oftmals seht lang und verschachtelt. Darunter entdeckt man auch Textpassagen die aus Aneinanderreihungen von Begriffen und unvollständigen kurzen Sätzen bestehen und meistens durch einfache Bindestriche miteinander verbunden sind. Zum Beispiel von Zeile 16 bis 31…………………….
Diese Aneinanderreihungen ähneln einem Filmband welches abgespielt wird, genauso wie das ganze Wunschdenken von Doris einem Film ähnelt.
In dem Abschnitt findet man einige widersprüchliche Aussagen: „eine hundertstundenlange Stunde“ (Zeile 3). Damit will sie verdeutlichen wie gerne sie mit dem Taxi fährt und dabei am liebsten unendlich lange von einem schönen Leben träumen darf, bis dieser Traum irgendwas Realität wird.
Viele Sätze haben eine falsche Satzstellung oder sind unvollständig formuliert: „Ich wollte mal richtig Taxi“ (Zeile 12); „[…]wenn mir einer das Geld gab für nach Haus mit zu fahren[…]“ (Zeile 13- 14) oder Zeile 22 „[…]mit Licht und ohne[…]“. Hiermit verdeutlicht Doris eine Unwissenheit gegenüber dem richtigen Umgang mit Sprache und Begriffen.
Ergänzend entdeckt der Leser auch viele umgangssprachliche Begriffe, wie „ekelten“ (Z.9); „knutschten“ (Z.8); „hopst“ (Z.25) oder „Knack“ (Z.26). Diese unterstreicht den falschen Umgang.

Das „kunstseidene Mädchen“ wirkt in diesem Ausschnitt aus Keuns Roman sehr geblendet von Illusionen Träumen und Phantasien. Sie wirkt durch ihre Ausdrucksweise sehr kindlich und realitätsfremd ohne einen Sinn für das Reale.

3 Kommentare

  1. Sabine sagt:

    Für eine Aufgabe im Deutsch LK suchte ich nach einer Interpretation des Romanausschnittes „Ich wollte mal richtig Taxi“, um mich grob zu orientieren. Ich möchte dazu anmerken, dass in dieser Analyse einiges nicht stimmt: 1.Der Autor verwendet nicht die auktoriale Erzählweise! Es entspricht der Programmatik der neuen Sachlichkeit, auf einen auktorialen ERzähler zu verzichten, der Zusammenhänge aufstellt.
    2. Der Ausschnitt besteht nicht durchgängig aus hypotaktischen Sätzen. Vielmehr sind bereits zu Beginn parataktische Sätze zu erkennen. Lange, verschachtelte Sätze kann ich einfach nicht finden. Die Aneinanderreihung von kurzen Sätzen oder Hauptwörtern, die nur durch Gedankenstrichen getrennt sind kann mann eher dem Gedankenstrom zuordnen, als einem inneren Monolog – und wieso nehmen diese Dinge ( die Taxifahrt durch Berlin) mehrere Tage in Anspruch und sind deswegen zeitraffend?

    Auch ist der Text in der Einleitung nicht korrekt zusammengefasst:

    Die junge Doris lässt sich oft von einem Taxi durch die Stadt Berlin fahren. Zumeist wird sie dabei von Männern mitgenommen…. Im Text steht aber, dass sie immer in Begleitung mit dem Taxi fährt und nur manchmal eine bezahlte Heimreise bekommt. Dann steht da wörtlich: „Während der Fahrt überkommt ihr meistens ein Traum, indem sie reich und berühmt ist ….“ Also erstens heißt es: …überkommt sie meinstens ein Traum…und zweitens stimmt das gar nicht. Hier geht es um einen Traum, den sie sich gemacht hat, um aus ihrer Realität zu entfliehen – und dabei fährt sie nicht Taxi, sondern träumt, dass sie Taxi fährt, und zwar „hundertstundenlange Stunden“

    Ich bin ehrlich entsetzt, dass man so eine Analyse ins Netz stellt, in der so viele offensichtliche Fehler sind. Ich konnte jedenfalls nichts davon gebrauchen – schade!

  2. Le sagt:

    Danke für diese Einschätzung, die ich nur zur 100 % unterstützen kann.
    Am besten vom Netz nehmen – oder wenigstens überarbeiten!

  3. Daniel sagt:

    Hallo Liebe Uni-Blog User, stellt schon mal eure Taschenrechner auf Lautlos, denn jetzt komme ich.
    Ich bin Daniel aus dem wunderschönen Ritterhude. Ich habe zwar Chemie LK, Mathe LK und Physik LK und hasse Deutsch, aber diese Interpretation ist grandios. Ich muss da ganz eindeutig Sabine widersprechen, da sie einfach den tieferen Sinn des Romans noch nicht begriffen hat. Keun geht es weitestgehend um den Widerspruch an sich. Hier lässt sich ihre Leidenschaft durch die Henderson-Hasselbach-Gleichung für den Dadaismus eindeutig bestimmen. Dabei gilt: pH=pKs. Ob dies normalverteilt ist, lässt sich schwer sagen, ich würde allerdings aufgrund des Wortes „Taxi“ lieber von einer Binomialverteilung sprechen. Für weitere Interpretationsmöglichkeiten lohnt sich ein Blick in das monumentale Science Fiction Drama „Metropolis“.
    Abschließend noch mein Lieblingszitat: „Die Lenzsche Regel besagt, dass bei der Induktion die Spannung immer ihrer Ursache entgegen wirkt.“ (Emil Lenz, Physiker)

Hinterlasse einen Kommentar

You must be logged in to post a comment.