Studieren als Fulltimejob

Seit den Bildungsstreiks in 2009 berichten die verschiedensten Medien verstärkt über das gesteigerte Stresspotential der „neuen“ Bachelor/Master Studiengänge. 40 Stunden Woche bei zugestandenen 6 Wochen Urlaub und 1 Krankheitswoche pro Jahr. Das Studium nur noch ein Fulltimejob?

Irgendwie bin ich einerseits froh, dass dieses Pensum nun öffentliches Interesse erregt, aber andererseits auch etwas mißmutig, da in meinem Studiengang (Lebensmittelchemie, Staatsexamen) alles beim  alten zu bleiben scheint. Soll heißen, meine Arbeitswoche umfasst locker 60 Stunden. Und das ohne Nebenjob. War vor der Bachelor/Master Einführung so und ist es immer noch . Meinen Kommilitonen von der „Vollchemie“ geht’s nicht anders.
Morgens 8 ct die erste Vorlesung, um zehn die nächste, kurz Mittagspause dann irgendein Seminar und anschließend ab ins Labor zum Praktikum. Zwischen 17 und 18.00 Uhr da raus, nach Hause, Rechner an, Protokolle über Analysen oder Synthesen schreiben. Das nächste Kolloqium (in der Chemie mündliche Verständnisprüfung) steht auch schon wieder an, muss  noch dafür lernen. An die Klausuren zum Semesterende will ich, wie so oft, gar nicht denken ;). Aber gut, ich hab ja wieder mal nix besseres vor am Wochenende.

Nun fällt mir gerade immer mehr auf, dass sich Mittags das Tempo, mit dem sich Studis anderer Fachrichtungen in Richtung Mensa nähern, deutlich meinem Galopp nähert. Ich wusste gar nicht, dass Soziologen und Pädagogen so schnell rennen können :). Aber Spass beiseite. Nun, wo ich kurz vor dem Examen stehe und mein Studium resümiere, bin ich doch enttäuscht. Ich wurde fulltime vollgestopft mit Wissen. Chemie, Physik, Botanik, Toxikologie, Mathematik. Doch Räume innerhalb dieser Fächer, die es erlaubt hätten, sich mit bestimmten Inhalten näher zu befassen oder gar eigenverantwortlich zu agieren, gab es praktisch überhaupt nicht. Die Zeit für die Pflichtkür war meist schon immens knapp. Darüber hinaus wage ich zu bezweifeln, dass ich das Gros des Stoffes jemals wieder brauchen werde.  Ich hab irgendwie nicht das Gefühl, mich persönlich in diesem Studium weiterentwickelt zu haben und wichtige Skills, die es in keinem Studiumplan gibt, ausprägen konnte.

1 Kommentar

  1. m4ki sagt:

    Ich fürchte darum geht’s im Studium nicht. Es geht um lernen und (bei mir meist auswendig-) gelerntes aufs Papier zu bringen. Ich persönlich weiß jetzt nach dem 3. Semester noch nicht mehr als nach dem Abi und da wusste ich schon wenig. Ich fühl mich kein bisschen schlauer, geschweige denn selbstverwirklichter (oder wie auch immer man es nennen will). Im Studium geht’s nur noch um Leistung, knallhart, Tag für Tag. Keine Zeit für gar nichts nebenbei. Ich fürchte, damit müssen wir uns abfinden. Aber sei froh, bald hast du’s geschafft und vllt. nur noch ne 40h-Woche 😉

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