Europawahl 2009 und keiner denkt mit

Diskussionen über Politik in der Öffentlichkeit zu führen, gerade im Internet, ist nicht immer einfach, da es sehr schnell unqualifizierte Menschen anzieht, die unter der Maske der Anonymität meinen, sich alles erlauben zu können. Dennoch habe ich mich dazu entschlossen, auch meine Meinung zur Europawahl 2009 näher auszuführen.

Vielleicht liegt es daran, dass ich selbst Politik studiere und etwas tiefer in der Materie verankert bin als manch anderer, dass ich das Wahlverhalten und die Gedankengänge einiger Personen überhaupt nicht nachvollziehen kann.

Fangen wir bei den Nichtwählern an. In Polen zum Beispiel liegt die Wahlbeteiligung bei 6,6 % der Wahlberechtigten und in Deutschland wird die Wahlbeteiligung wohl auch miserabel ausfallen. Für die meisten Menschen stellt Europa ein rotes Tuch dar, eine Institution, die sowieso niemand braucht, etwas das uns nicht betrifft. Dass selbst aktuelle Hochschulreformen und sonstige nationale Veränderungen auf Verordnungen und Richtlinien der EU zurückgehen, scheinen viele aus ihren Köpfen verdrängt zu haben. Also geht man einfach nicht wählen und macht sich einen schönen Sonntag – man hat ja sonst so viele Pflichten als Staatsbürger.

Dann gibt es den Typus Wähler, der eine Partei wie die Piratenpartei wählt. Schauen wir uns das Wahlprogramm der Partei an: „Legalisierung von Downloads aus dem Internet“. Im Prinzip fordert die Partei nichts anderes als die Legalisierung von Diebstahl. Jeder von uns hat schon mal was aus dem Internet geladen, keine Frage. Allerdings ändert dies nichts daran, dass es der Wirtschaft jedes Jahr Milliardenverluste beschert, wenn niemand mehr eine CD kauft oder ins Kino geht. Im nationalen und internationalen politischen Kontext hat diese Partei keinerlei Programm zu bieten und ist damit als Vertretung im EU Parlament komplett wertlos. Dennoch geben die Menschen der Partei ihre wertvolle Stimme. Bei den nächsten Wahlen gibt es bestimmt eine Partei, die „Notebooks für alle“ fordert und auch dann wird es unter Garantie zahlreiche Wähler geben.

Kommen wir zu den weiteren Partein. Was mich hier extremst aufregt, ist die populistische Art, wie manch ein Autor auf den Unionsparteien herumreitet – ungerechtfertigter Weise. Da lese ich zum Beispiel auf Blogs, die überhaupt 0,0 mit Politik zu tun und ebensowenig Ahnung davon haben, Sätze wie „für jede Stimme, die die CDU heute erhält, tötet der liebe Gott eine Katze“ – allein für den Satz gehört man schon bestraft. Man kann hinsichtlich der Parteien ja unterschiedliche Ansichten vertreten, aber dann bitte doch auch auf dem entsprechenden Niveau. Beide Großparteien haben hinsichtlich des Themas Netzpolitik eine völlig realitätsfremde Ansicht, ganz klar, aber es gibt im Leben auch noch bedeutend wichtigere Dinge als das Internet, nämlich gesamtgesellschafftliche Belange.

Zum Thema CSU: man kann von der Partei halten was man will, aber Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg (unser derzeitiger Wirtschaftsminister) ist ebenfalls in der CSU beheimatet und momentan der einzige Politiker, der hinsichtlich Opel, Arcandor und dem Thema Staatshilfen wahre Worte spricht. Natürlich will die SPD den Unternehmen helfen wo sie nur kann und das kommt gut an in der Bevölkerung. Schröder hat bereits vor Jahren mit seiner Holzmann-Rettungsaktion gezeigt, wie man die Bevölkerung kurzfristig auf Staatskosten an der Nase herumführen kann. Wie die Sache ausging dürfte jedem bekannt sein. Dann gibt es da noch „Die Linken“, die gerne Hartz IV auf 500 € anheben und einen Mindestlohn von 10 € einführen wollen – das Geld dafür spendiert der Weihnachtsmann. Die Grünen als Partei haben innen- und umweltpolitisch zum Teil recht gute Ansätze, die aber immer häufiger in den Schatten verquerter aussenpolitischer Ideen geraten. Einzig und allein die FDP sei hier noch positiv zu erwähnen, da diese in fast allen Bereichen vergleichsweise gute Ansätze haben – aber auch deren Spitzenkandidatin ist unverständlicherweise in die Kritik einiger Blogger gekommen.

Warum also, trifft die Kritik unter Bloggern immer nur Parteien wie CDU/CSU oder die FDP und nicht Parteien wie die SPD, Grünen oder Linken, die in der Regel weitaus ferner von der Realität agieren?

9 Kommentare

  1. torschtl sagt:

    dass die piraten kein gesamtpolitisches konzept haben, ist uns allen klar.
    dennoch habe ich die schnauze voll davon, mich mit kinderpornokonsumenten auf eine stufe stellen zu lassen, weil ich z.b. ballerspiele spiele… wasn satzbau!
    vom internet hat keine der großen parteien einen blassen schimmer.
    wir werden regiert von menschen, die zu zeiten der schreibmaschine groß geworden sind und anscheinend auch keinerlei interesse daran haben, ihr wissen aufzufrischen.

    was bleibt einem als alternative, wenn man sowohl cdu, wie auch die spd ablehnt? Die fdp ist für mich keine wirkliche alternative, da sie eher auf selbstständige und die höheren einkommen ausgelegt agiert. kommt für mich als angestellten-kind also (noch) nicht in frage. grüne gehn auch gar nich, weil ich für atomstrom bin und so setz ich mit der wahl der piraten ein zeichen dafür, dass es defizite in sachen informationswissenschaften gibt, die es schleunigst aufzuholen gibt.

    denn jemand, der nicht weiß, was ein mac, ein browser oder ein ftp ist, der soll mir bitte keine vorschriften machen, wie ich das internet zu benutzen habe.

  2. Frank sagt:

    Man kann damit ein Zeichen setzen, das stimmt, aber wenn sie die 5 % Hürde nicht packen wars vergebens. Das mit den Grünen stimmt schon, allein die Kandidatin von denen geht überhaupt nicht. Bin mal auf den Ausgang gespannt

  3. Jochen sagt:

    Die meisten Menschen handeln (und wählen) aus Eigeninteresse.
    Wenn mir als Student eine Partei verspricht, die Studiengebühren abzuschaffen, dann bin ich dieser Partei wohl dankbar und werde sie wählen.
    Wenn einer Niedriglohn-Arbeitskraft versprochen wird, sie erhält 10 Euro Mindestlohn, dann wird sie wohl auch darüber glücklich sein. Dass gerade bei Punkt 2 die (Jugend-)Arbeitslosigkeit unter Umständen ansteigt, weiß die Arbeitskraft nicht – bzw es ist ihr egal, da sie Jugendarbeitslosigkeit nicht betrifft.

    Die eigenen (zb finanziellen) Probleme kommen immer vor den Problemen Deutschlands. Und das ist der Grund warum Viele im ersten Augenschein nicht „rational“ wählen.

    Linkspopulistische Parteien fangen mit „Eigeninteressen-Politik“ die Wähler. Das gelingt zum Teil gut, da viele ihrer Maßnahmen kurzfristig – sprich innerhalb einer Wahlperiode oder bis zur nächsten Bundestagswahl – sichtbar werden. Opel ist gerettet, das ist toll! Ob aber solch eine Rettung gut für die Gesamtdeutsche Wirtschaft ist, bleibt zu bezweifeln.

    Bürger- und Liberale Parteien handeln oft gemäß gesamtpolitischer und -volkswirtschaftlicher Rationalität. Dass dieses Handeln aber eher langfristige Erfolge bringt, ist deren Manko. Denn langfristige komplexe Erfolge lassen sich nicht in 13 Minuten Tagesschau beschreiben. „Opel ist gerettet!“ schon eher.

  4. DerElton sagt:

    Ob ein Mindestlohn wirklich negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben, darüber gibt es keine Studien (soweit mir beaknnt). Allerdings kann ein Mindestlohn auch durchaus sehr positive Auswirkungen auf eine Volkswirtschaft haben.
    Er stärkt in der Regel die Kaufkraft, gerade derer, die diese dann auch zum Konsum nutzen, im Gegensatz zu Steuersenkungen für Besserverdiener, die dann eher mehr zum sparen haben, als vorher.
    Das man von konservativer Seite ähnliches eher schlecht begründetes Grünen- /Spd-Bashing betreibt, könnte man durchaus auch erwähnen.
    Außerdem stimme ich Torschtl zu, dass man durchaus mal nen Anfang machen kann, der alte Satz ‚jeder hat mal klein angefange‘ trifft unter Umständen sogar hier. Das Programm der Piraten nur auf die Nichtkrminalisierung von Filesharern zu reduzieren ist auch nicht gerecht.
    Ich gönne jedem seine eigene Meinung, aber gerade wenn man hier nen Artikel raushaut, sollte man durchaus kritisch sich selbst und seine Ab- und Zuneigungen begründen, is ja nich Twitter 😉
    In diesem Sinne, schade, dass hierzulande nur wenige wählen.

  5. Frank sagt:

    Ich finde, dass aber gerade im Twitter das CDU/FDP-Bashing überwiegt. Mindestlohn wäre wohl nicht das Schlechteste, aber nicht finanzierbar, gerade momentan und schon gar keine 10 €. Ausserdem war ich ja kritisch, ich will CDU etc. ja nicht in den Himmel loben, aber die anderen Parteien eben auch nicht. Und zu den Piraten: jetzt haben sie eben noch nicht mal die 5 % und die Stimmen sind damit so gesehen weggeworfen.

  6. torschtl sagt:

    dass ein mindestlohn wohlfahrtsverluste für die gesamtwirtschaft hat, behandeln bereits die veranstaltungen makro und mikroökonomie 1 im 1. Semester eines Wirtschaftsstudiums. arbeitslosigkeit zieht es in der praxis zum großen teil auch nach sich…

  7. murdock sagt:

    @Frank: Wieso denn wegeworfene Stimme? Ich wähle doch nicht die SPD, nur weil sie höhere Chancen hat ins Parlament einzuziehen.
    Außerdem bekommt die Partei ab 0,5% finanzielle Unterstützung vom Staat, was wiederum für die nächsten Wahlen hilft. Eine solch junge Partei, welche noch im Aufbau ist, ist doch etwas wunderbares, da man hier auch gezielt mitwirken kann.
    In Schweden haben sie übrigens 7,4% geholt und sind damit im Parlament.

  8. Mike Siedersleben sagt:

    Öhm „Schauen wir uns das Wahlprogramm der Partei an: “Legalisierung von Downloads aus dem Internet”.“

    Schauen wir uns an was dort sonst noch ist, das Ablehnen von Internetzensur, „Ballerspiel/Killerspielverbot“ (alleine für dieses Wort müsste man die Große Koalition mal in den Deutschuntericht schicken), Vorratsdatenspeicherung. Diese drei Themen sind von so imenser Wichtigkeit, gut Killerspiele nicht so stark, aber die anderen beiden, das es ein Kreuz bei den Piraten mehr als aufzwängt. Ich gebe zu meins ist auch dort gelandet.

    Ich war ja vorher immer SPD Wähler, aber was die zusammen mit der CDU verbockt haben im Bereich moderne Kommunikation, das geht auf keine Kuhhaut.

    Zum Punkte CDU Wählen, wie kam man ernsthaft eine Partei wählen, die sagt, Abschieben ist gut, weil es der Familie zu Hause zeigt, das an nicht auf diese Banditen von den Schleuserbanden reifallen soll. Desweitern sagte unser Innenminister vor kurzem: (Bericht dazu folgt hier bald) „Wenigstens sind sie schon mal nicht alle Tod, dann wä¤ren sie statistisch leichter zu erfassen.“ Kann soetwas guten Gewissens gewählt werden? Besonders wenn der obens erwähnte Finanzminister in der Schwesterpartei ist. Seine Qualifikationen waren ja der Umfangreiche Wirtschaftliche Baclground, welchen er im Familien eigenen Unternehmen gesammelt hat. Ja in der Vermögensverwaltung der Familie (Angestellte 3 Personen) Wenn das jemanden als Wirtschaftsminister qualifiziert, dann gute Nacht.

    Ich will nicht sagen, das die Piratenpartei in den Bereichen besser ist, nur habe ich mich bei dieser Wahl darauf beschränkt, das Grundgesetz, sowie die Verfassung zu beschützen, ich denke das reicht! 😉

  9. Mike Siedersleben sagt:

    PS: Entschuldigt meine Rechtschreibung, etwas zu energisch getippt 🙂 (gibts hier keine Editfunktion? ^^)

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