Studiengebühren abgeschafft – und dann?

In den letzten Tagen und Wochen konnte deutschlandweit ein latenter Anstieg der Proteste von Studenten gegen allerlei Missstände an unseren Hochschulen wahrgenommen werden – vor allem gegen Studiengebühren. Neben Themen wie der Schweinegrippe kommt den Medien das Thema natürlich sehr gelegen, bietet es doch genug Spielraum um die in der Regel völlig uninformierte Öffentlichkeit in eine Debatte hineinzuziehen, bei der ein großteil der Bevölkerung überhaupt nicht mitreden kann.

Studiengebühren polarisieren – das weiß man nicht erst seit ihrer Einführung vor einigen Jahren. Dreh- und Angelpunkt in dieser Debatte ist dabei die Frage, ob Bildung in Deutschland wirklich etwas kosten darf und wenn ja, wieviel. Unsozial seien die Studiengebühren, würden das Studium vom Geldbeutel der Eltern abhängig machen und die Lücke zwischen Arm und Reich noch größer machen.

Letztendlich kenne ich persönlich niemanden, den die Studiengebühren am Studieren gehindert hätten, oder der sein Studium wegen selbigen hätte abbrechen müssen. Eines stimmt jedoch: Studiengebühren machen das Studium teurer und stellen eine zusätzlich Belastung für die Studierenden dar. Von daher verstehe ich durchaus das Ressentiment gegen diese Gebühren. Mich persönlich stört allerdings die dilettantische Art und Weise, wie der „Kampf“ gegen die Studiengebühren geführt wird, bei dem Forderungen gestellt werden, ohne über eventuelle Konsequenzen nachzudenken. Denn während es wesentlich sinnvoller und realistischer wäre, für eine Senkung der Gebühren zu protestieren, will man lieber gleich die komplette Abkehr vom Status Quo.

Gehen wir davon aus, dass die Studiengebühren tatsächlich komplett abgeschafft wären. Die Haushaltsplanung der einzelnen Universitäten müsste somit komplett umgestellt werden, oder anders ausgedrückt: es müssten Einsparungen vorgenommen werden. Nun hat beispielsweise die Universität Heidelberg durch die Studiengebühren längere Öffnungszeiten der Bibliotheken, eine wesentlich bessere Ausstattung mit Lehrbüchern und Technik und zahlreiche weitere Maßnahmen finanziert. Weiterhin werden Exkursionen, Skripte und Reader mit Hilfe der Studiengebühren günstiger als zuvor angeboten. Eine komplette Abschaffung würde bedeuten, dass die Öffnungszeiten der Bibliotheken wieder verkürzt werden müssten, neue Bücher künftig eventuell nicht mehr angeschafft und auch Skripte und Exkursionen nicht mehr subventioniert werden würden.

Tatsächlich ist es so, dass die meisten Studenten solche Faktoren gar nicht bedenken. Wären die Studiengebühren weg und die Universitäten würden – ökonomisch gesehen völlig rational – die bis dato damit finanzierten Leistungen streichen, würde dies erneut zu Protesten führen, denn Vorteile die man einmal genossen hat, gibt man bekanntlich nicht so leicht auf.

Es steht außer Frage, dass zahlreiche Universitäten die erhaltenen Studiengebühren an falscher Stelle verwendet haben und anstatt ihren Studenten zu helfen, diese lieber zur Aufbesserung des Etats verwendet haben. Dennoch darf man auf Grund einiger Fehltritte nicht das System als Ganzes in Frage stellen.

Persönlich sehe ich die Lösung daher in einem Kompromiss: die Studentenschaft akzeptiert Studiengebühren als solche, jedoch in gesenkter Form. Ein Betrag von 200 € bis 300 € wäre dabei wohl optimal, da dieser für die Universitäten ausreicht um ihre derzeitigen Leistungen aufrechtzuerhalten und für jeden Studenten zumutbar ist. Im Gegenzug sorgen die Hochschulen selbst für mehr Transparenz und dafür, dass die Studiengebühren auch tatsächlich dort verwendet werden, wo sie den Studenten zu Gute kommen. Gelingt ein solcher Kompromiss nicht, werden Bildungsstreiks in Deutschland künftig wohl zur festen Institution.

6 Kommentare

  1. torschtl sagt:

    die uni regensburg hat derzeit mehr als 2mio rücklagen aus studiengebühren… da können sie noch 2-3 semester dran zehren…

  2. David sagt:

    Eine Alternative, die bisher auch kaum berücksichtigt wird, wären nachgelagerte Studiengebühren. Diese würden erst 2-5 Jahren nach Abschluss fällig und könnten sich dann beispielsweise prozentual am Gehalt orientieren.

  3. torschtl sagt:

    david, das ist in meinen augen eine sehr sehr gute idee, die mir bis jetzt noch gar nicht in den sinn gekommen ist. das wäre gerecht. die, die viel nutzen vom studium haben, zahlen dementsprechend und die, die trotz hochschulabschluss keine arbeit finden, werde nicht noch zusätzlich bestraft. wäre ein ansatz, den man verfolgen könnte

  4. David sagt:

    Habe mal gehört, dass das ungefähr so in Australien gemacht wird. Problematisch sehe ich da nur die Verteilung der Studiengebühren, da (tendenziell) die BWL und Jura-Absolventen mehr verdienen als die Geisteswissenschaftler etc., sprich es müsste dann ein fairer Ausgleich geschehen.

  5. torschtl sagt:

    naja, dafür kostet ein bwler auch nur einen bruchteil von einem mediziner… da is doch immer eine kluft irgendwie… und wer sich für geisteswissenschaften entscheidet weiß i.d.r. auch vorher, dass er nicht die gleichen gehaltsaussichten wie ein bwler oder dipl. ing. hat…

  6. David sagt:

    Oh, da hast du mich falsch verstanden, es ging mir dass die BWL-Fakultäten ja einen Großteil des Geldes verlangen könnten, weil ihre Absolventen mehr bezahlen und die geisteswissenschaftlichen Fakultäten am Ende viel weniger bekommen. Es müsste also einen Ausgleich zwischen den Fakultäten geben, damit die teureren Studiengänge finanziert werden können.

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